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Kampf um die Linden – Chronik

April 2023: Der Bauausschuss der Stadt Penzberg beschließt die Fällung von drei Linden an der Bahnhofstraße, weil zwei der drei Linden nach Kontrolle der Stadt möglicherweise die Verkehrssicherheit beeinträchtigen. Auf Nachfrage wird im Gremium gesagt, die Linden seien „in der Zeit von Bürgermeister Wessner“ gepflanzt worden.

09.05.2023: In einem Brief an Bürgermeister Korpan weist der Verein für Denkmalpflege und Penzberger Stadtgeschichte darauf hin, dass an zwei der drei Bäume Opfer der Penzberger Mordnacht aufgehängt wurden. Wegen der historischen Bedeutung sollten die Bäume so lange wie irgend möglich erhalten bleiben. Der Verein bittet um die Einholung eines Gutachtens, z.B. durch die vereidigte Baumsachverständige Frau Dr. Karla Melka-Müller. Der Brief wird nicht beantwortet.

21.09.2023: Erneuter Brief an Bürgermeister Korpan (Kopie an die Untere Denkmalschutzbehörde) mit erneutem Hinweis auf die Opfer der Penzberger Mordnacht, die Denkmaleigenschaft der Bäume, dem Hinweis auf Zeugen zum Alter der Bäume und Bitte um Aussetzung der Fällung bis zur Klärung durch ein Gutachten. Der Brief wird nicht beantwortet.

26.09.2023: Bitte um Prüfung der Denkmaleigenschaft durch Erich Sczepanski: ausführliche Würdigung der Bäume und Beifügung von Bild- und Kartenmaterial

September 2023: Nach Intervention des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) setzt die Stadt den Fällungsbeschluss aus.

30.09.2023: Infostand des Denkmalvereins am Stadtplatz; hier gehen erste Spenden von Bürgern für ein Gutachten ein.

05.10.2023: Der Denkmalverein bittet seine Mitglieder um eine Sonderspende für ein Gutachten zur Standfestigkeit der drei Linden an der Bahnhofstraße. Es kommen um die 1000 € zusammen!

30.10.2023: Antrag des Denkmalvereins an die Stadt zur Genehmigung der Durchführung eines Gutachtens

07.11.2023: Die Stadt antwortet mit einem umfangreichen Fragen- und Forderungskatalog zur Durchführung des Gutachtens; insbesondere geht es auch darum, dass die Stadt sofort über das Ergebnis informiert werden möchte und dem Denkmalverein untersagt, das Gutachten zu veröffentlichen, bevor es im Stadtrat besprochen wurde.

19.12.2023: Es findet eine Ortsbesichtigung mit Dr. Knipping vom BLfD zur Denkmaleigenschaft der Linden statt. Seine Einschätzung ist durchaus positiv, er will aber das Gutachten abwarten, insbesondere um das Alter der Linden dokumentiert zu bekommen.

21.12.2023: Genehmigung zur Durchführung eines Gutachtens zur Feststellung der Standfestigkeit der drei Linden am Stadtplatz. Nach den Weihnachtsfeiertagen setzt eine Frostperiode ein, die eine Begutachtung unmöglich macht. Sie kann nur durchgeführt werden, wenn es drei Wochen hintereinander frostfrei ist.

15.02.2024: Begutachtung durch Dr. Karla Melka-Müller

20.02.2024: Eintreffen des Gutachtens von Dr. Melka-Müller; wesentliche Ergebnisse:

Ungefähre Altersbestimmung 100 Jahre;

Baum Nr. 17 stark angegriffen, Ameisenbefall, Stamm nicht bruchsicher > Handlungsempfehlung: zeitnahe Fällung

Baum Nr. 19 stark angegriffen, Stamm massiv, aber Totholz in der Krone nicht bruchsicher > Handlungsempfehlung: Einkürzung der Krone zur Herstellung der Bruchsicherheit

Baum Nr. 20 Vitalität ausreichend, Stamm über 2 m Höhe wegen Baumhöhle nicht bruchsicher, akute Bruchgefahr > Handlungsempfehlung: Fällung oder Erhalt mit baumsicherndem Metallgerüst aufgrund der historischen Bedeutung

20.02.2024: Am gleichen Abend Behandlung des Gutachtens im Stadtrat; am  Fällungsbeschluss wird festgehalten.

23.02.2024: Das BLfD bestätigt die Linden als Denkmal. Damit scheint die Gefahr der Fällung gestoppt. Denn nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – einem tragenden Grundsatz des Sicherheits- und Verwaltungsrechts – darf in geschützte Rechte (hier dem Denkmalschutz) nur eingegriffen werden, solange dies notwendig ist. Das Baumgutachten bestätigt, dass durch geringere Eingriffe (wie eine normale Baumpflege zur Entfernung abgestorbener Äste in der Krone) die Fällung vermieden werden kann.

26.02.2024: Die Linden werden mit rot-weißen Absperrgittern umschlossen, die z.T. in die Busspur reichen. Die Stadt beruft sich auf die Verkehrssicherungspflicht.

28.02.2024: Die Stadt stellt beim Landratsamt einen Antrag auf Vollsperrung der Bahnhofstraße sowie einen Antrag auf Fällung der zwei denkmalgeschützten Linden.

29.02.2024: Das Landratsamt erteilt die Genehmigung zur Fällung, am selben Abend werden die Bäume umgeschnitten.

01.03.2024: Am nächsten Tag liegt eine weiße Rose auf dem Baumstumpf, ein Grablicht sowie ein Zettel, der die Empörung der Bürger über die Fällung ausdrückt. Voll im Trend: in Zeiten des Wiederaufkommens des Rechtsextremismus werden Zeitzeugen des Widerstands 1945 April einfach umgesägt R.S.

In den folgenden Tagen werden diese Trauerbekundungen abgeräumt und die Baumstümpfe vollständig entfernt, es bleibt eine gekieste Fläche.