Relikte im Wald von Geretsried
„Achtung, hier ist eine Eisenstange.“ Mehr als einmal mahnte Justine Bittner zur Vorsicht bei der Tour durch den Wald.
Die Wanderung zu den Resten der Munitionsfabriken in Geretsried hatte der Denkmalverein Penzberg organisiert. Von 1939 bis 1945 wurden hier Sprengstoffe für die Kriegsführung hergestellt. Geführt wurde die Gruppe von der Geretsrieder Fotografin Justine Bittner, die im historischen Arbeitskreis Geretsried mitgearbeitet hat und sich im Erinnerungsort BADEHAUS engagiert, der diese Führung anbietet. Das Lager Föhrenwald, aus dem später der Wolfratshauser Ortsteil Waldram wurde, war für die Arbeitskräfte dieser Fabriken errichtet worden und das Gebäude des heutigen Erinnerungsort BADEHAUS war das Sanitärgebäude für die männlichen Arbeitskräfte, das „Männerbrausebad“. Föhrenwald und die Rüstungswerke sind also eng miteinander verbunden.
Die Veranstaltung stieß auf reges Interesse, mit 34 Teilnehmern war die Gruppe recht groß. Doch dank eines gut funktionierenden Audiosystems konnten alle den spannenden Ausführungen von Frau Bittner bequem folgen. Schon bald verließen die Teilnehmer den betonierten Weg, ein gut erhaltenes Relikt aus der NS-Zeit. Mitten durch den Wald ging es über Stock und Stein zu Überresten aus Beton. Wozu sie einstmals dienten, lässt sich oft nicht auf bloßen Augenschein erschließen. Manchmal ist es ein Betonblock, dann wieder ein Teich, der durch die Sprengung eines zum Teil tief in die Erde reichenden Kraftwerks entstanden ist. Leichter erkennen lassen sich Ein-Mann-Bunker oder Telefonsäulen. Die Munition wurde nicht in großen Fabrikhallen hergestellt, sondern dezentral in verschiedenen kleineren, gut getarnten „Bunkern“ aus stabilem Beton. Zwar wurden diese nach dem Zweiten Weltkrieg gesprengt, oft aber stürzte nur die Decke ein, die Reste verblieben an Ort und Stelle und zeugen noch heute von den einstigen Produktionsstätten. Neben der Anerkennung für die Qualität des Materials erinnert Frau Bittner aber auch an die Ausbeutung der Arbeitskräfte, oft Zwangsarbeiter aus Osteuropa, die unter härtesten Bedingungen schufteten. Die Arbeit war zudem in höchstem Grade gesundheitsgefährlich, wie das Beispiel der Frauen zeigt, die durch den Umgang mit Chemikalien gelbe Haut und Haare bekamen und daher „Kanarienvögel“ genannt wurden.
Alleine hätte wohl keiner der Teilnehmer mehr zurückgefunden. Nach etwa 2 Stunden kehrte die Gruppe zum Ausgangspunkt zurück. Eine Erkundung des Gebiets ist nur unter sachkundiger Führung zu empfehlen. Das allerdings lohnt sich.