Menü Schließen

Altstadt

ALTSTADT

Die letzten Überreste baulicher Zeugen an die Bergwerkstradition oder gar an die Ursprünge, an die Entstehungszeit der früheren Bergwerksstadt drohen zu verschwinden. Es geht um die letzten Reste davon in unserer Innenstadt – nennen wir sie „Altstadt“, des besseren Verständnisses wegen.

Da ist die Rede vom Abriss/ Umbau von

    • dem Menagehaus mit Kathederhaus
    • dem ehemaligen Bayerischen Hof
    • der Konditorei Ahammer (früher Bäckerei Zach)
    • der Sigmundstraße, wo die Baumallee geopfert wird
    • den Linden an der Penzberger Hauptkreuzung

Menagehaus

Das Baujahr des Hauses ist nicht genau bekannt. Vermutlich wurde es Ende des 19. Jh. von der Bergwerksdirektion durch einen italienischen Bautrupp errichtet, der Vorderteil war für die höheren Angestellten des Bergwerks vorgesehen, während das Hinterhaus als Unterkunft für die ledigen Arbeiter (daher der Name Menagehaus) diente.

Besondere historische Bedeutung erlangte das Menagehaus in den letzten Kriegstagen des 2. Weltkrieges durch die sog. „Penzberger Mordnacht“ am 28. April 1945, wo 16 Penzberger Bürger von Werwolf-Schergen aufgehängt oder erschossen wurden. Laut Gerichtsprotokoll spähten Nazis in drei Besuchen im Menagehaus aus, ob dort sogenannte „indifferente Leute“ wohnten. Tatsächlich wurden sie fündig. In jener Nacht wurden die zwei Penzberger Bürger Franz Biersack (49) und Johann  Summerdinger (56), die im Menagehaus  wohnten, von sog. Werwölfen aus ihren Wohnungen geschleppt und gegenüber in  der Bahnhofstraße an den Bäumen aufgehängt. Die Stadt Penzberg hat im Jahr 2022 zum Gedenken an die Mordopfer vor dem Menagehaus im Gehsteig sog. goldene Stolpersteine einbringen lassen. Sebastian Tauschinger, in der Mordnacht entkommen, weil sein Strick riss, hat sich verwundet zum Hintereingang des Menagehauses geschleppt, wo er schließlich Hilfe bekam und ins Krankenhaus gebracht wurde.

In den Jahren 1967/68, als die Obb. Kohlen-Bergbau AG wegen Schließung des Bergbaus ihre Immobilien veräußerte, erwarb der einflussreiche Penzberger Geschäftsinhaber und Säcklermeister Xaver Mühlpointner das Haus und sanierte es gründlich, aber ohne seinen Wiedererkennungswert zu zerstören. Der typische Stil der Penzberger Häuser blieb erhalten. Aus dem Wohnhaus wurde im vorderen Teil an der Bahnhofstraße ein Geschäftshaus. Im Erdgeschoss ist ein Optikergeschäft, in den Räumen der lange dort ansässigen Apotheke befindet sich seit 2024 ein Geschäft für mediterrane Spezialitäten.

Der Baukörper hat im Vergleich mit allen anderen Gebäuden in der Bahnhofstraße einen geradezu herrschaftlichen Zuschnitt und zeichnet sich durch seine Symmetrie aus. Seine Größe prädestiniert ihn auch jenseits aller guten historischen Gründe besonders dazu, erhalten zu werden.

Vor ein paar Jahren wurden das Gebäude sowie die Nachbargebäude an einen Investor verkauft. Im Mai 2024 wurde ein Plan des Investors für dieses Karree vorgestellt. Er beinhaltet den Abriss aller alten Gebäude. Neubauten mit einer Höhe bis zu 5 Geschossen plus Staffelgeschosse sind geplant, zur Bahnhofstraße hin als langer Riegel. Dies betrifft quasi ein Viertel der Innenstadt.

Um einen Eintrag in die Denkmalliste bat der Verein für Denkmalpflege und Penzberger Stadtgeschichte im März 2023, ein Eintrag erfolgte bisher aber nicht. Da ein Abriss zu befürchten war, sammelte der Denkmalverein in wenigen Tagen 749 Unterschriften für den Erhalt des Menagehauses, die im April 2023 an den Bürgermeister übergeben wurden.

Bayerischer Hof

 

Entstanden zwischen 1873 und 1880, ist es eines der ersten Gasthäuser in Penzberg. Hier fanden die Gemeinderatssitzungen statt, bevor man ins Rathaus umzog. Ab 1960 ist die Gaststätte verpachtet. Zusammen mit dem Nachbarhaus (Café Ahammer) bildet das Gebäude ein Ensemble und ist eines der letzten Gebäude im ursprünglichen Stil an der Bahnhofstraße.

 

 

Bäckerei Ahammer

Eines der letzten Original-Gebäude der aus den Gründungsjahren der Stadt. Im Speicher des Hauses wurde die Vereinsfahne vom Ersten Allgemeinen Kranken-Unterstützungsverein e.V. versteckt. Der Verein war am 11. Februar 1878 im damaligen Stenglhaus (Fischhaberstr.) gegründet worden um die Mitglieder unabhängig vom Bergwerk abzusichern. Der Wolfenbauernsohn Johann Nep. Bocksberger, geb. 22. August 1843, war Vorstand des Vereins, weil er nicht wirtschaftlich vom Bergwerk abhängig war. Und der Schneidermeister Michael Pfalzgraf (1873 nach Penzberg gekommen), der im späteren Ahammer-Haus wohnte, konnte die Fahne verstecken, weil auch er als unabhängiger Handwerksmeister nicht von der Werksdirektion des Bergwerks gemaßregelt werden konnte.

Die Sigmundstraße

Die Sigmundstraße ist eine der ältesten Straßen Penzbergs, was man schon an dem Namen erkennt, benannt nach Sigmund Henle, einem der Bergwerksdirektoren. Es war einmal eine schöne Allee, einige Bäume stammen noch aus der Gründungszeit der Stadt. Inzwischen ist es eine Mischung aus alten und nachgepflanzten Bäumen. Jetzt (2022/23) sind weitere gesunde Bäume umgeschnitten worden, weil man Platz für Erdarbeiten brauchte. Zwar sind Nachpflanzungen geplant, doch die können nur ein kümmerlicher Ersatz sein.

Die Linden an der Bahnhofstraße beim Stadtplatz

vgl Beitrag „Linden am Stadtplatz“